Dienstag, 24. Februar 2015

Mal so zwischendrin..

Dieser kleine Blog ist ja nun noch nicht so alt, gerade mal neun Tage. Und zum ersten Mal frage ich mich, ob er wirklich so sinnvoll ist. Sicher, es geht um ein wenig beredetes Thema & ich wünsche mir, dass aufgrund meines Blogs auch andere Mamas an die Öffentlichkeit gehen & sich nicht mehr "so" fühlen müssen. Aber ist er das wert, auf diese Art in die Welt getragen zu werden, wo es doch so viel größere Dramen gibt, als mein persönliches hier? Schließlich mögen die Leute denken, "Was redet die da für einen geistigen Durchfall? Ist doch selber Schuld...will nur Aufmerksamkeit!". Stimmt, Aufmerksamkeit wünsche ich mir. Wer denn auch nicht? Ich möchte behaupten, dass sich viele Leute anno dazumal "das Maul zerrissen haben", wie man so schön sagt. Vielleicht aber auch nicht & ich bilde mir das nur ein. Aber meint ihr, irgendwer hat je mal so richtig nach dem Warum gefragt? Ich kann mich daran wirklich nicht erinnern. Und eigentlich ist das doch traurig. Aber als dann mal jemand kam, auch eine Mama, und fragte.. Ja was glaubt ihr, wie ich darauf reagierte? Diese meine Antwort hat meiner Meinung nach das ganze Verhältnis zu dieser Frau beeinflusst. Meine Antwort war nämlich nicht so, wie erwartet. Denke ich. Sie war kurz & knapp, ohne Gefühlsregung. Warum? Ich hatte Angst vor einer Verurteilung, davor mich rechtfertigen zu müssen. zurechtgewiesen & missverstanden zu werden. Nun ja, genau das hatte ich leider mit meiner Antwort erreicht. Aber vor noch fremden Menschen in Gefühlswallungen auszubrechen, ist leider nicht so meins. Das fällt mir sogar bei mir nahe stehenden Menschen schwer. Blöderweise prägte dieses Gespräch alle kommenden Gespräche & so redete ich am liebsten überhaupt nicht darüber. Was natürlich auch wieder nicht richtig war. Irgendwann entwickelte ich eine Reaktion, die dieses Mamasein so völlig als Normal hinstellte. Im Sinne von "Joa, das ist halt so." & ich hatte das Gefühl, dass meine Gesprächspartner davon so irritiert waren, dass sie lieber gar nicht nachfragten. Ich hatte mir dieses Aufgerege meinerseits - warum denn nicht mal jemand fragte - sozusagen selbst fabriziert. So ist das nämlich. In gewisser Weise war das gut, es schützte mich nämlich. Vor Kritik ganz besonders. Es gab aber auch Menschen, denen ich mich öffnen konnte. Meinem Freundeskreis. Da kam keine Kritik. Da begegnete man mir mit offenen Ohren & offenen Herzen, mit einem Das-hast-du-richtig-entschieden. Ich konnte weinen & meine Zweifel los werden. Ging es mir mit meiner Entscheidung nicht gut, wurde meine Seele gestreichelt. Lachte ich über einen Blödsinn, denn meine Kinder von sich ließen, lachte man mit mir. Man ging mit mir - einer Wochenendmama - und ihren Kindern sogar in die Öffentlichkeit. In den Tierpark zum Beispiel oder an den Strand. Und obwohl ich zwischen meinen Liebsten und Engsten war, mit meinen Kindern, hatte ich das Gefühl, dass alle anderen Menschen um uns herum starrren würden. Als würden sie riechen können, dass ich eine Wochenendmama war & ich konnte sie förmlich denken hören "Wie kann sie nur?!".. Natürlich spielte sich das nur in meinem Kopf ab. Niemand kam und fragte mich, wie könne ich nur. Das war das eigene schlechte Gewissen, was da zu mir sprach. 
Meine Psychologin sagte immer wieder zu mir, ich müsse mir selber verzeihen. Das sagte sie mir zwei Jahre lang und das ist jetzt auch schon wieder zwei Jahre her. Ob ich auf sie höre? Nein.

Was ich eigentlich sagen wollte, am Anfang dieses Posts, das weiß ich gar nicht mehr. Ich hatte schon wieder so viele Gedanken in meinem Kopf, dass ich sie einfach los werden musste. Das ist bei mir so. Ich denke und denke und denke mich manchmal dumm & dusselig, muss es raus lassen. Nun kam es auf diese Weise raus & das tat wirklich gut & zeigt natürlich auch, wie sehr all das beschäftigt. Ich denke dann natürlich auch an die Menschen, die mit mir diesen Weg gemeinsam gehen & gegangen sind. Ohne all diese lieben Menschen, würde ich vielleicht gar nicht so reden können, hätte ich von ihnen nicht diesen Rückhalt bekommen. Diese Unterstützung & das war für manche bei Weitem sicher nicht immer leicht. Dieser Gedankenausbruch hier ist wohl somit auch ein kleines Dankeschön, geschrieben. Wortwörtlich im Gespräch, Auge in Auge, fällt mir das Dankesagen gar nicht so leicht.

Montag, 23. Februar 2015

Schwarzes Loch

Als Schwarzes Loch wird gemeinhin ein massives Objekt im Universum bezeichnet, welches durch sein Gravitationsfeld das Raumzeitgefüge um sich herum so verzerrt, dass weder Materie noch Licht aus dieser Region ins Außen gelangen können. (Quelle: http://kosmologie.fuer-eilige.de/schwarzesloch.htm)

Diese Definition eines schwarzen Loches kann hervorragend auf das menschliche Gefühlsleben übertragen werden. Raum & Zeit spielen keine Rolle mehr & es kann weder Licht hinein, noch heraus.

Zu jener Zeit wurde mir eine ganz wundervolle Couch als Schlafmöglichkeit zur Verfügung gestellt. Nicht nur Diese, auch Kost & Logie wie man so schön sagt, so lange wie es nötig war. Ablenkung oder eben auch nicht, Gespräche oder Schweigen. Für diese Zeit bin ich sehr dankbar, sehr. Ich weiß nicht wo ich gelandet wäre, hätte man nicht auf mich aufgepasst. Von dieser Couch bin ich eine Woche nicht aufgestanden. Ich ging nicht mal zum Rauchen vor die Tür, hatte keinen Hunger, ging nicht duschen. Nichts. Mir war zum sterben zu Mute. War ich tagsüber allein, lag ich rum, starrte Löcher in die Luft. Heulte. Schrie. Mir war, als hätte jemand etwas ganz Wichtiges aus mir herausgeschnitten. Mitten aus der Brust heraus. Da war nur noch Schmerz in meiner Brust. Ein Ziehen, das somatische Schmerzen verursachte, wie ich sie eigentlich noch nie zuvor gespürt hatte. Wie soll man dieses Gefühl beschreiben? Herzschmerz? Sehnsucht oder Einsamkeit? Ja, Sehnsucht ganz sicher auch. Aber in erster Linie doch, ist man nicht mehr Ganz. Nicht mehr heile. Unvollkommen.

Als mir bewusst wurde, dass ich wirklich sterben wollte wegen des Verlustes meiner Kinder - auch wenn ich diesen Verlust selbst erzeugte hatte - bin ich aufgewacht. Mir wurde klar, dass ich meine Kinder nicht verloren hatte. Sie waren ja noch da. Nur eben nicht bei mir. Es hatte sich nur (nur....) die Situation verändert.

Ich fing an darüber nachzudenken, was ich wollte & wie ich mir meine Zukunft wünschte. Ich wollte meinen Kindern dennoch etwas bieten können. Ich wollte Unterhalt zahlen können. Ein Zuhause für meine beiden ChaosKinder schaffen. Dazu brauchte man Geld. Einen Job. Eine Wohnung.

Also aufstehen & duschen!


Dieses Schwarze Loch, das ist noch heute manchmal da. Aber jetzt weiß ich, dass ich daran nicht sterben werde. Ich habe gelernt, damit umzugehen, ich lasse es zu & fühle es, bis es wieder vergeht. Dafür waren zwei Jahre Therapie nötig. Unter Anderem. Ich erreichte, was ich mir wünschte. Auch wenn es gedauert hat. Wichtig ist, bei zwischenzeitlicher Aufgabe - denn die kam - weiter zu machen. Man weiß ja, für wen man all das macht.

Für die eigenen Kinder.

Freitag, 20. Februar 2015

Februar 2010


Das ist der Monat, seit dem ich ohne meine beiden großen ChoasKinder lebe. Mittlerweile ist wieder Februar. Fünf Jahre sind vergangen. Fünf.

Zirka vier Wochen habe ich gebraucht, um zu entscheiden, wie es weiter gehen wird. Alle erdenklichen Seiten habe ich bedacht. Durchdacht. In meinem Kopf durchgespielt. Erfühlt. Eventuelle Situationen aus der Vogelperspektive betrachtet. Wenn ich an diese Zeit zurück denke, dann erinnere ich mich an meine Hilflosigkeit. Niemanden gab es, der mir auch nur eine Entscheidung hätte abnehmen können. Und Diese verlangte viel, sehr viel Verantwortung. Denn schließlich ging es nicht um meine Zukunft, sondern um die Zukunft meiner Kinder.

Ich erinnere mich nicht mehr genau an jeden Tag des Januars 2010. Wie auch. Die Zeit war zu traumatisch & ich weiß auch überhaupt nicht mehr, wo ich im Januar überhaupt war. Lebte ich noch mit meinen ChaosKindern zusammen oder war ich in der Woche schon nicht mehr dort? Es macht mich traurig, während des Schreibens zu merken, dass meine Erinnerung an den Verlauf dieser Zeit gänzlich verschwunden ist. Was tat ich wann und welchen Tag? Lag Schnee, waren wir rodeln? Haben wir eine Schneeballschlacht gemacht & noch verstaubte Plätzchen von aus der Zeit vor Weihnachten gegessen? Warum erinnere ich mich nur an das Gefühl, diese Hilflosigkeit? Nicht daran, meine Kinder im Arm gehalten zu haben? Wohin ist der Alltag mit meinen Beiden aus dieser Zeit? Wieder mal wird mir schmerzhaft bewusst, wie schwer das alles war & wie wenig ich diese Gefühlswelt in Worte fassen kann. Eigentlich war ich kaum in der Lage, eine Entscheidung treffen zu können. Wie konnte ich mich so oder so entscheiden? Da arbeitete das Herz gegen den Kopf & dann auch mal der Kopf gegen das Herz. Ich wusste nicht weiter. Bis mir jemand folgende Worte sagte:

"Letztendlich geht es darum, wo die Kinder besser aufgehoben sind."

Dieser Satz brachte endlich eine Entscheidung. Nach vier Wochen innerer Zerrissenheit, Hilflosigkeit & Angst. 

Es entwickelte sich also irgendwie ein neuer Wochenrhythmus: Ich war "jetzt" viel Arbeiten, so wie vorher der Papa. Dies erklärte meine Abwesenheit beim Zubettgehen & beim Aufwachen am nächsten Morgen. Freitags machte ich mich auf den Weg zu meinen Kindern, so konnte ich sie vom Kindergarten abholen. Über das Wochenende blieb ich dort. Ich lebte für kurze Zeit mein Mamasein. Montags Früh brachte ich meine Beiden wieder zum Kindergarten. Danach fuhr ich "nach Hause", hatte aber eigentlich keines.
Den Kindern wurde versucht zu erklären, dass ich in einer anderen Stadt arbeiten muss, da hier in dem kleinen Dorf für mich nichts zu finden sei, wo ich arbeiten & Geld verdienen konnte. Darum müsse ich in der Woche auch dort schlafen, sagte ich ihnen. Aber freitags nach dem Feierabend bin ich wieder bei ihnen, versprach ich & hielt mich an mein Versprechen. Ob diese Begründung meiner Abwesenheit für meine lieben ChaosKinder verständlich war, kann ich nicht nachvollziehen.

Manchmal erscheint mir all das Erlebte wie aus einem Buch, das ich gelesen habe. Oder einem Film, den ich sah. Mir gehen Momente durch den Kopf, finde aber keinen Zusammenhang, habe keine zeitliche Relation. Denke ich an Solche, fühle ich vielmehr als das ich eine lebhafte Situation vor meinen Augen sehe. Es fühlt sich nur, verbildlicht aber nichts. Ob ich dieses Gefühl, welches ich just in diesem Moment beim Schreiben habe, beschreiben kann? Ja. Es fühlt sich an, als würde dieses schwarze Loch in der Brust wieder von Neuem aufreißen. Der Atem wird tief. Das Schlucken schwer. Tief durchatmen, sage ich mir.

Der Geburtstag meines großes ChaosKindes ist ebenfalls im Februar. Er wurde drei zu der Zeit.
Auch daran kann ich mich kaum erinnern. Eine Situation ist mir im Kopf: Da standen alle Gäste in der Wohnküche weil es gar nicht so viele Stühle gab & Kuchen gab es auf die Hand. Gab ja auch keinen ausreichend großen Tisch. Traurig, dass ich nur diese Situation immer wieder im Kopf habe. Die Blicke der "Familie" noch auf mir spüre, die Gedanken förmlich riechen kann. Nur zwei Personen begegneten mir wie eh & je, fast liebevoll. Vielleicht konnten sie meine Situation nachvollziehen. Ich habe nie gefragt. Mein großes ChaosKind hatte einen schönen Geburtstag. Noch nie waren so viele Gäste da. Ich weiß, er hat sehr viel gelacht.

Bin ich abends eigentlich "Heim" gefahren?


Montag, 16. Februar 2015

Rabenmutter? Mutterliebe!

Wahrscheinlich geht euch beim Lesen des Titels die Frage durch den Kopf, 
"Was erwartet mich hier?". 

Nun ich möchte behaupten, euch erwartet ein Tabuthema. Ich bin jedenfalls auf noch nicht viel Gegenteiliges gestoßen. Es ist ein gesellschaftsunfähiges Thema. Auch in der heutigen Zeit, in der es immer mehr, oder doch fast ausschließlich darum geht, man selbst zu sein. In der es immer mehr an Bedeutung gewinnt, sich "aufzulehnen" gegen alte Dogmen, versteifte Ansichten & den Studien der Neuzeit nicht nur Glauben sondern auch Mut zum Annehmen zu schenken. 

Mut. Der Kern dieser "Geschichte" ist Mut. Die Moral möge wohl sein, auf sein Herz zu hören. Immer wieder Vertrauen zu haben. In sich selbst. Bei allen Zweifeln die Aufkommen mögen. Es geht um Erinnerungen. Um Angst in die Zukunft. Um drei Seelen, die ein Leben lang zueinander gehören. Ganz gleich was geschieht. Und es geht um Liebe. Die Liebe zum eigenen Kind.

Diesen Blog zu schreiben, kostet mich auch Mut. Ich muss Vertrauen aufbringen, diese "Geschichte" zu veröffentlichen. Ich stelle mich der Öffentlichkeit & der daraus hervorkommenden Reaktion. Und diese Reaktion macht mir Angst. Denn bisher erlebte ich durch die Gesellschaft nur negative Kritik, Ablehnung, Unverständnis, Inakzeptanz & Ignoranz. Ich spüre in mir aber auch, dass ich der Geschichte ihre Lauf nehmen lassen muss. Ich vertraue darauf, dass sie anderen Menschen helfen & Hoffnung vermitteln kann. Ich wünsche mir, dass dieses Tabuthema zur Sprache kommt. Gesehen & besprochen werden kann & somit Leiden gelindert werden können. Ich wünsche mir, dass Akzeptanz geboren wird gegenüber diesem Thema & dass die Menschen hinsehen & zuhören! Nicht sofort ihr Urteil sprechen, obwohl sie nicht im Geringsten, nicht mal ansatzweise in der Lage sind, auch nur einen Funken von dem Warum hören zu  w o l l e n! Denn es würde sie in ihren Grundfesten erschüttern & sie müssten eventuell ihre Welt neu ordnen, wenn sie aus Bequemlichkeit nicht doch lieber die Augen, Ohren & Herzen verschließen.

Und ich wünsche mir noch eines: dass die Angst vor dem Reden schwindet. Nicht nur bei mir, auch bei den Anderen. 

Somit ist dieser Blog auch ein Stück Selbsttherapie, Selbstreflexion & Selbstvergebung.

Es geht um meine Entscheidung, meine beiden ChaosKinder nach der Trennung von ihrem Vater, bei ihm leben zu lassen. 

Und es geht darum, wie ich meine ganzen Schuldgefühle über Bord werfen konnte & erneut einem wundervollem, kleinen Seelchen den Start in ein neues Leben ermöglichte.