Montag, 30. März 2015

Wieder montags..

..denn das Wochenende ist vorbei und auch meine ChoasKinder wieder daheim um dort ihre Osterferien zu verbringen. Warum dort und nicht bei uns? Eine leichte Frage. Vermutet man dort sicher auch gleich eine einfach Antwort. Die gibt es aber nicht. Nicht bei uns.

Da kommt sie nämlich wieder auf den Plan, die Gleichberechtigung. Kann ich meinen Kindern einen Vorrang geben gegenüber meinen Bonuskindern? Die Liebe zu meinen Kindern ist natürlich eine andere, eine größere - haben sie doch meinen Herzschlag von innen erlebt. Die Liebe zum eigenen Kind ist unermesslich. Betrachten wir es aber mal nüchtern. Meinen BonusKindern ist es nicht vergönnt, die Osterferien bei ihrem Papa zu verbringen. Bei uns. Ist er doch arbeiten und hat überhaupt keine Zeit, um ihnen eine schöne Osterferienzeit zu ermöglichen. Natürlich entstand da Traurigkeit. Auch bei uns. Die Enttäuschung war groß auf allen Seiten.

Wie kann ich dann also leichten Gewissens meinen ChaosKindern die Ferien bei uns ermöglichen? Wäre es doch unfair, den anderen Beiden gegenüber. Sehr unfair. Wir müssen hier dafür sorgen, dass keiner von den FantastischenVier bevorzugt oder benachteiligt wird. Das ist nicht immer einfach. 

Auch bei meinen Beiden war die Enttäuschung groß und auch ich selber litt sehr unter dieser Entscheidung. Aber wieder ist es wichtig, im großen Ganzen zu denken. Gerade mit den FantastischenVier. Mein Großer hat das anfangs so gar nicht verstanden, bis ich ihm "den Spiegel" vorhielt - was wäre, wärst du in der Situation der anderen Beiden? "Hm...ja das wäre blöd..naja, so kann ich morgen wenigstens im Bett frühstücken.", nuschelte er mit vollem Nudelmund. 

Was sagt mir diese Reaktion? Zeigt sie mir doch, dass Kinder einfach nicht nach diesem großen Ganzen handeln können, da die Tragweite noch zu groß für sie ist. Das ist unsere Aufgabe, die der Eltern. Sie sehen das, was unmittelbar bevor steht. Das Morgen. 

Und wir bereiten es vor.

Donnerstag, 26. März 2015

Patchwork umgedreht?

Patchwork ist ja so ein neuzeitlicher Begriff, eingedeutscht und angenommen. Heißt es ja eigentlich, dass man Flicken aus Stoff zusammen näht, um ein großes Stück Stoff daraus zu zaubern. Eine Decke zum Beispiel, in die man sich schön einmurmeln kann. In der einem warm ist und man sich geborgen fühlt.

Aber wie ist das bezogen auf die Familie? Diese Patchworkfamilie? Heißt ja soviel wie, eine neu zusammengewürfelte Familie aus mehreren Familienangehörigen aus einer anderen – ehemals bestandenen – Familie. Flickenfamilienangehörige. Da ist ein Papa, der kommt von dort. Eine Mama aus dieser Richtung und dann bringt jeder dieser großen Flicken auch noch kleine Flicken mit, die dann etwas neues Ganzes bilden sollen. Und wenn Märchen wahr werden, entstehen sogar kleine Flickenbaby´s. So ungefähr...



Soll gut funktionieren. Hört und ließt man überall, wenn sich alle Beteiligten an die „Flickenregeln“ halten. Man muss viel mit einander kommunizieren. Also auch verstehen, was dem anderen wichtig ist. Vor allem mit den Kindern kommunizieren, wenn auch schwieriger als mit Erwachsenen. Verstehen sie ja nun doch noch nicht so ganz, was in dieser neuen „Flickensippe“ so passiert und wie schön das doch sein kann. Ich kenne da eine Familie, in der das gut funktioniert. 

Nun überlege ich aber, was sind wir dann hier? Eine umgekrempelte Flickendecke, die es alle zwei Wochen bzw. jedes Wochenende mit den „Flickenkindern des anderen großes Flickens“ gibt? Oder ist es vom Sinn her vielleicht nicht sogar das Gleiche. Aber nicht das Selbe? Und wie bitte, soll man da denn allen gerecht werden? 

Sind wir überhaupt in der Lage, unseren Kindern – den FantastischenVier – gerecht zu werden, so wie wir uns das wünschen? Können wir als „Zwischenfamilie“ das Gefühl dieser Patchworkdecke geben? Wärme, Geborgenheit, Liebe, Sicherheit. Können wir sie gleichberechtigt unter allen aufteilen, diese Decke? Oder ist es doch jedes Wochenende etwas anderes? Wir leben mittlerweile zwei Jahre diese Patchworkflickendecke und ich kann mir diese Fragen nur so beantworten: Ich denke nicht. Anders mag es sein, wenn wir so leben würden, wie es allgemein bekannt ist. Wie das Bild oben verdeutlichen soll. Dann könnten wir unseren Kindern wahrscheinlich das Gefühl von Geborgenheit, Sicherheit und Nähe vermitteln, so wie sie es brauchen. Bei uns ist es wie Urlaub. Da gelten andere Regeln, kaum welche wenn man so will. Und wir müssen immer wieder erneut Abschied nehmen.

Früher war ich total angetan von diesem „Zauber der Patchworkfamilie“. Ich wusste nicht, was es bedeutet. Zerrissenheit. Angst, den Kindern nicht gerecht werden zu können. Angst, die Kinder zu enttäuschen. Angst, dass ihnen der Abschied zu sehr weh tut. Mehr als uns. Wenn ich meine ChaosKinder abgebe bin ich jedes mal froh, wenn keiner weint - und ich weiß, meine Mann geht es bei seinen Kindern genauso. Hektik tritt manchmal auf, wenn es ans Anziehen geht. Da fällt den Kindern ein, dass sie ja noch ganz schnell was basteln oder uns noch ganz schnell ein Bild malen müssen. Kuscheln, 10 Minuten vor der Abfahrt, als hätte man noch ein bisschen Platz in dem Kuschelbeutel, den man mit nach Haus nimmt und der dann für zwei Wochen reichen muss, bis man ihn wieder auffüllen kann. 

Kinder haben Sehnsucht und sie wollen keinen Abschied nehmen. Das merken wir jedes Mal. Darum ist es so wichtig, dass wir unseren Kindern immer wieder neu versuchen zu zeigen, wie sehr wir sie lieben und dass wir immer da sind, wenn wir auch nicht bei ihnen sind. Der sichere Hafen aber, der ist nicht bei uns. Und das ist ein "Flickenfakt" der manchmal die inneren Nähte zum reißen bringt, weil es traurig ist, dass wir unseren FantastischenVieren keine 100%ige Sicherheit geben können.

Ganz ehrlich? Patchwork ist doch eigentlich Sch**** ...

Komisch..

..ist es, jetzt seit ich aus"sprach" warum meine beiden ChoasKinder nicht bei mir leben und ich frage mich, warum ich solche Angst davor hatte. Es war wie eine Blockade, die mich daran hinderte frei aussprechen zu können, was doch eigentlich so wichtig ist. Zeigt es doch, dass ich nicht die Mutter bin, die ihre Kinder einfach so im Stich ließ. Denn das tat ich nie und werde es auch niemals tun! Ich lief nicht weg vor meiner Verantwortung, sondern handelte im bestmöglichen Rahmen dieser.

Im Moment komme ich auf all das aber überhaupt nicht klar. Es ist, als würde ich alles irgendwie nochmal erleben. Mir fehlen meine Kinder - nicht so, wie sonst jeden Tag - intensiver. Ich mache mir Sorgen und hätte sie am liebsten hier bei mir. Ganz. Dass es andersrum wäre. Kann sich das jemand vorstellen... Sie fühlen sich so unerreichbar weit weg an. Ich bereue meine Entscheidung von damals zurzeit so sehr. Wer kann entscheiden, ob diese Entscheidung richtig war, wenn selbst ich das nicht beurteilen kann? Wer gibt mir denn die Gewissheit, dass es ihnen wirklich gut geht. Ich meine nicht das tägliche Lachen oder Spielen, oder die Stunden mit ihrem Papa und ihrer Bonusmama. Innen drin. Wie sieht ihre kleine Seele das? Habe ich sie kaputt gemacht? Und wenn die Entscheidung für die zwei wirklich gut war...dann war sie für mich definitiv die falsche...in mir hat sie etwas kaputt gemacht.

Was habe ich denn von ihnen? Ich verpasse alles. Selbst, ob sie nachts anfangen zu weinen weil sie schlecht träumten. Ich verpasse es. Den Moment, wenn mein Großer mit guten Noten nach Hause kommt und so stolz auf sich ist. Ich verpasse ihn. Obwohl er mich am selben Tag anrief und mir ganz stolz davon berichtete. Es ist nicht das selbe. Er sieht mein Lächeln über seinen Erfolg nicht. Meinen Kleinen lachen zu hören. Er hat so ein Engelslachen. Das höre ich nur alle zwei Wochen. Viel zu wenig und viel zu kurz. Nur alle zwei Wochen kommt er in unser Bett gekrabbelt um zu kuscheln. Viel zu selten.

Ich möchte manchmal nicht in meiner Haut stecken....

Dienstag, 17. März 2015

Fieber, Zähne, ChaosKinder & mögliche Schläge

..ihr Lieben,

die letzten Tage bin ich so gar nicht zum Schreiben gekommen (selbst für diesen Artikel habe ich zwei Tage gebraucht..). Das hatte einige Ursachen. Zum einen waren über´s Wochenende meine ChaosKinder da - die mir abends immer den Laptop stibitzen um ihren nächtlichen Einschlaffilm zu schauen und zum anderen ist unser Löwenbaby seit Tagen mit seinen Zähnen und Fieber beschäftigt. Und somit hatte ich weniger Zeit für mich um die Gedanken kreisen zu lassen und hier wieder tätig zu werden. Auf der einen Seite empfinde ich es allerdings als nicht so schlimm. Ich konnte mich etwas entspannen, was den Blog betrifft. Wurde sozusagen dazu gezwungen. Ich merkte, dass ich mich selbst doch sehr unter Druck setzte, als ich diesen Blog hier begann. Täglich ging ich der Frage nach "Was (be)schreibst du als nächstes?" Im Hinterkopf war immer der Gedanke, ich müsse baldmöglichst den nächsten Artikel online stellen. Und es ist schwierig, die Vergangenheit wieder so in die Gegenwart zu holen um sie auch so darstellen zu können, wie ich es fühlte, wie es war und das unter selbst erzeugtem Druck. Ich habe mir jetzt demnach für die Zukunft vorgenommen, mir Zeit zu lassen für den nächsten Artikel. Es geht ja doch um etwas sehr Persönliches - um meine Vergangenheit, meine Kinder. 

Es ist kein leicht verdauliches Thema wie etwa das Schreiben einer Buchrezension.

Und eben weil es das ist, nicht leicht verdaulich, greife ich jetzt darauf zu, was ich die ganze Zeit über vor mir her schob. Das Warum. Nebenbei murmelt es ja doch. Ob nun angestoßen durch Dracheneulen oder nicht. Und ich will es hinter mich bringen. Möchte es ohne Umschweife, Schwierigkeiten und innere Ängste aussprechen können.

Gerade erinnere ich mich an einen Satz, den meine Mutter mir vor einigen Tagen zu mir sagte: 

Du wolltest nie Kinder haben, nie.

Nun hatte ich sie aber, meine beiden ChaosKinder.. Nun auch unser sehnlichst erwartetes Löwenbaby.. Sogar zwei Bonuskinder und ich liebe alle fünf. Es ist eine Verantwortung, die mit keiner anderen vergleichbar ist. Es geht immer um das Wohl der Kinder. Und da trifft man manchmal auch Entscheidungen, die für andere so gar nicht nachvollziehbar sind. Entscheidungen, die andere vielleicht auch nie treffen würden. Das fängt bei Kleinigkeiten des Alltags ja schon an. All diese Entscheidungen die wir Eltern treffen, beeinflussen das Leben unserer Kinder. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. 

Jede Entscheidung die wir als Eltern treffen, beeinflusst das Leben unserer Kinder!

Weil wir für sie Vorbilder sind. Dieser Fakt mag bei manchen Eltern ein schlechtes Gewissen hervorrufen, weil sie es besser hätten machen können oder weil sie zu nichts anderem in der Lage waren (Eltern sind ja auch nur Menschen). Bei Anderen mag sich das Gefühl einstellen, stolz sein zu können auf ihre Taten. Kinder nehmen sich an uns ein Beispiel. Woher sollten sie sonst wissen, wir man isst und trinkt, pullern geht, sich wäscht, sich kleidet und die Schuhe zu bindet. Wie man mit Menschen umgeht oder auch nicht umgehen sollte. Wie man streitet und sich wieder verträgt. Wie man liebt. Sie lernen alles von uns. Alles!

Ich denke, wenn wir sorgfältig über unsere Handlungen nachdenken, werden unsere Baby´s das auch in ihrem eigenen Leben so handhaben. Gehen wir liebevoll, einfühlsam, verständnisvoll, achtsam und respektvoll mit unseren Kindern und Mitmenschen um, gehen auch sie liebevoll, einfühlsam, verständnisvoll, achtsam und respektvoll mit ihren Kindern und ihren Mitmenschen um.

Für das erhoffte Wohl meiner ChaosKinder traf ich eine Entscheidung, die für Manche nicht verständlich war. Aber sie müssen es auch nicht verstehen können. Akzeptanz wäre schon ein Anfang gewesen, ohne sich abzuwenden.

Am 11. November 2014 antwortete ich auf die Frage von der anderen Mama meiner ChaosKinder, "Warum, wenn ich fragen darf?", wie folgt...

"Naja, dafür gab´s so einige Gründe. Die Rationellen waren, dass ich sie nicht schon wieder aus ihrer neuen und eingewöhnten Umgebung reißen wollte. Sie hatten ja auch alles was sie so kannten einige Monate zuvor verloren. Vom Garten, über die Hunde bis hin zu ihren alten Betten. Mit den Jungs der Nachbarin hatten sie guten Kontakt und der KitaPlatz war auch sicher. Ich wusste auch überhaupt nicht wohin und womit. Keinen Job = Kein Geld = Keine Wohnung. In ein Frauenhaus mit den Beiden wäre für mich nie in Frage gekommen und zu meiner Familie auch nicht (womit ich dann ja erneut einen Umfeldwechsel vorgenommen hätte). ... So..ja.. und dann war da ja noch der emotionale Grund...selbst wenn ich mit den Jungs irgendwo einen Platz gefunden hätte, war da noch die große Angst, dass ich eine überforderte Mutter werden würde, die ihre Kinder schlägt. Und genau dieser Gedanke, dieses Bild wie ich die Zwei schlage..trete und sie in der Ecke sitzen würden.. weinend und schreiend..voller Angst..vor mir.. und mir würde es nicht auffallen und sie würden so leben müssen... Nur diese Eventualität hat mich dazu veranlasst, die Jungs bei ihm zu lassen. Weil ich wusste, schlagen würde er sie nie."

Bämms......... Bilder in meinem Kopf. Tränen in meinen Augen. Allein wegen der Vorstellung.

Doch was, wenn diese Eventualität nicht eingetroffen wäre.. Diese Frage stelle ich mir oft. Dann erinnere ich mich daran, dass ich auf Nummer Sicher gehen wollte. Lieber so, als anders.

Nun haben sie zwei liebevolle Mamas.

Dienstag, 10. März 2015

Heute..

..ist wieder einer dieser Tage, an dem ich am liebsten mal schnell rüberlaufen möchte, zu meinen ChaosKindern. Geht aber nicht so einfach, wie manche sich das vorstellen. Eine Stunde Autofahrt trennen uns und zudem würde es deren Tagesablauf völlig auseinander würfeln.

Mein großes ChaosKind ist krank und auch wenn ich wirklich gut informiert werde, reicht es doch irgendwie nicht aus. Ich möchte das Köpfchen streicheln, mein Baby einmurmeln, nochmal fragen wie es ihm gerade geht. Ich weiß, er wird genauso betüddelt wie ich es tun würde. Ist gut aufgehoben und nicht allein. Aber ich bin es. Gerade bin ich die Mama des kranken Kindes, die ihrem Drang nach Gesundpflegen nicht nach gehen kann. Das ist deprimierend. Ich muss bis zum Wochenende warten. Dann gibt es "Oma's Hühnereintopf". Nachgeholten.

Morgen werde ich am Telefon fragen, ob es ihm besser geht.

Die "schlimmste" Krankenzeit hatte ich mal mit meinem kleinen ChoasKind. Da musste er im Krankenhaus bleiben, welches knapp 30 Minuten Autofahrt entfernt ist. Ich glaube das waren knapp zwei Wochen. Ich selber hatte gerade Urlaub, zum Glück - der Papa musste arbeiten - sonst wäre er den ganzen Tag allein dort gewesen. Also konnte ich so früh dort sein, dass ich bei ihm war als er aufwachte. Und ich ging erst wieder, als er abends eingeschlafen war. Die Tage waren wahnsinnig lang, aber für mich war das eine schöne Zeit mit meinem kleinen ChaosBaby. Ich konnte mich um ihn kümmern. Köpfchen streicheln.

Was weniger schön war, waren die Umgangsformen der Pflegekräfte und der Ärzte. Nicht gegenüber meinem Kind. Mir gegenüber. Man hat nur widerwillig mit mir gesprochen und so richtig ernst nahm man meine Sorge auch nicht. Selbst die Ärztin sprach unausführlich mit mir. Das hat mich zusätzlich richtig wütend gemacht, als meinem Exmann bei seinem Krankenbesuch nochmal alles erklärt wurde. Als wäre ich die falsche Anlaufstelle gewesen. Verletzend war es zudem auch. Was glaubten diese Herrschaften, wer ich war? Sie sahen das typische Bild: Eine Mutter, deren Kinder nicht bei ihr lebten = ein Umstand der mich in ihren Augen automatisch zu einer schlechten Mutter machte. Es passte so gar nicht in deren Bild von mir, dass ich unbedingt vor seinem Erwachen vor Ort sein wollte. Jeden Tag versuchte man mir das auszureden. Der Grund dafür erscheint mit bis heute völlig schleierhaft. Aber vielleicht wollte man mich vor der Zeit einfach auch nicht auf dem Stationsflur rumstehen haben. Mich mit aufnehmen, war wohl aber auch nicht möglich. Schrecklich, wenn man als Mama so behandelt wird.

Ich wünsche dir von Herzen ganz baldige Besserung mein großes ChaosBaby..

Samstag, 7. März 2015

"Mama vs. Mama" oder "Team Mama"?

So zog also langsam Alltag in mein Leben ein. Die Wohnung war eingerichtet, in jedem Kinderzimmer stand ein Bett, es gab Spielzeug, Kleidung, einen Kühlschrank, dreckige Kinderwäsche und dreckiges Geschirr. Eben alles was sich so ansammelt und was ich mir gewünscht habe. Wenn auch nur am Wochenende. Ich hatte Arbeit und mein Arbeitgeber war sogar so freundlich, mir die Wochenenden überwiegend frei zu geben. Was nicht immer so einfach war - schließlich gab es auch noch andere Mamas - und ich arbeitete in einem Callcenter, in dem es eine SiebenTageArbeitsWoche gibt. Meine Vorgesetzten kannten meine Lebenssituation und meine Teamleiterin legte oftmals ein gutes Wort für mich ein. Eigentlich lief alles recht gut. Auch mit dem Papa meiner ChaosKinder & seiner Partnerin. Vielleicht zu gut? 

Es war mitten in der Woche und ich war an einem sonnigen Tag arbeiten. Zu 13:00 Uhr - das weiß ich noch haargenau - erhielt ich einen Anruf vom Papa der ChaosKinder während einer meiner kleinen Zigarettenpausen. Er hätte nur eine kleine Frage, meinte er und war auch recht gut gelaunt. Nichts Schlimmes also, ich war beruhigt. "Hast du was dagegen, wenn sie die Kinder adoptiert?", schallte es in mein Ohr. In meinen Kopf. In mein Herz. Ich war im ersten Moment so irritiert und geschockt, dass ich erst mal lachen musste. Diese Frage konnte doch wohl nicht wirklich ernst gemeint sein?! War sie aber. An den weiteren Verlauf dieses Telefonates kann ich mich kaum noch erinnern. Ich sagte Dinge wie "Wohl sicher nicht. Ich lebe ja wohl noch!". Der ChoasKinder Papa reagierte relativ ruhig und hatte von mir sicher auch keine andere Antwort erwartet, versuchte aber dennoch mir klar zu machen, dass ich meine Kinder ja nicht verlieren würde. Dieses Argument mag ja eventuell für manchen plausibel erscheinen. Für mich allerdings so gar nicht. Schließlich war es das einzige, was mir blieb. Was ich jeden Tag haben würde. Ich habe jeden Tag das Sorgerecht - die Pflicht auf Sorge wie es eigentlich heißen müsste - für meine Kinder. Ich war durch. Der Tag für mich erledigt. Ich hatte alle möglichen Gefühle. Ich war ungläubig - war das gerade wirklich passiert? Das war deren Ernst. War das wirklich ernst gemeint? Ja. Ich war wütend. So wütend. Fassungslos. Ich war traurig und hatte vor allem eines: Angst. Ich habe geweint und gezittert. 
Arbeiten. Ja, arbeiten. Konnte ich so gar nicht mehr. Meine Konzentration war im Eimer. Arbeitsfähig war ich nicht mehr. Nach einem Gespräch mit meinen Vorgesetzten war denen schnell klar, dass ich so nicht mehr telefonieren und kundenberatend tätig sein kann. Also konnte ich nach Hause gehen. Wie der Rest des Tages verlief, kann ich gar nicht mehr sagen. Vielleicht habe ich geschlafen. Was ich aber sagen kann ist, dass ich viele Monate - wenn nicht sogar Jahre - Angst hatte, sie wollten mir die Kinder gänzlich entziehen. Ja, diese Angst hatte ich lange. Ich weiß bis heute nicht, wer auf diese Idee kam. Aber mittlerweile spielt das auch keine Rolle. Die Frage an sich spielt heute keine Rolle mehr. Wurde damals auch nicht weiter thematisiert, glaube ich.

Für mich aber, zu jener Zeit, gab es einen Schuldigen für diese Frage. Die neue Partnerin meines Exmannes. Ob das der Realität entsprach oder nur in meinem Kopf so war, war für mich nicht wichtig und ich sprach das auch nie aus. Warum auch. Aber seit dem sah ich die Beziehung zur ihr gänzlich anders. Für mich war sie eine Konkurrentin geworden, die mir meine Kinder weg nehmen wollte. Auch wenn das völliger Schwachsinn war, rückblickend betrachtet. Oder doch nicht? Aber man stelle sich dieses Gefühl einfach mal vor.. Da gibt es etwas, was du unbeschreiblich liebst. Völlig anders liebst, als sonst etwas auf dieser Welt. Und aus welchen Gründen auch immer, hast du kaum etwas davon. Und dann kommt da noch jemand daher und "will" dir dieses letzte bisschen auch noch nehmen. Kann sich jemand, der nicht in meiner Situation ist, so ein Gefühl vorstellen? Mein schwarzes Loch war damals oft zu Besuch. Ob ich für sie auch eine Konkurrentin war, kann ich nicht sagen. So was fragt man ja auch nicht. Aber Fakt ist, dass wir uns intensiv - und das lange Zeit - nicht mochten. Jedenfalls war das bei mir so. Und ich glaube, bei ihr auch. Man merkt ja, ob dein Gegenüber Sympathie empfindet oder nicht. Unsere Beziehung zueinander glich mehr wie einer Berg-und-Tal-Fahrt. Mal lief es gut. Mal nicht. Ach was versuche ich hier eigentlich zu umschreiben. Wir haben uns öfter mal so ordentlich angekeift. Das ging ruhig los und endete in einer Explosion. Bäms. Vor den Kindern. Sch... Aber was will man dagegen sagen, wir sind nun mal auch nur Menschen. Und auch die Kleinen müssen erfahren, dass eine zwischenmenschliche Beziehung ohne Streit nun mal nicht existiert. Nur so können sie doch lernen, wie man sich streitet und wieder verträgt. Und wir stritten uns eigentlich nur um eines: Um unsere Kinder. Wie Löwinnen die um das Revier kämpfen. Ja, ich sage bewusst "unsere" Kinder.

Eines sonntags dann, als die Kinder wieder Heim gebracht wurden und ich das letzte Mal aus dem Autofenster sah, um meine beiden noch mal sehen zu können und so lange zu winken bis sie mich nicht mehr sahen, ging mir eine Frage durch den Kopf die mich die kommenden Monate beschäftigen sollte. Knapp ein Jahr beschäftigen sollte.

Was ist wenn meine Kinder zu ihr mal "Mama" sagen würden?

Als mir diese Frage zum ersten Mal in den Sinn kam, bin ich innerlich in totaler Panik ausgebrochen. Versuchte aber rational zu bleiben - so wie es für mich anno dazumal möglich war - und sagte mir, dass bis dahin noch Zeit wäre. Aber was ist, wenn die Zeit da ist, wenn es passiert. Wie reagiere ich darauf? Wie fühlt es sich an? Wer bin ich dann noch? Ja wer? Das sind doch meine Kinder. Ich bin doch die Mama. Ich hatte sie im Bauch, unter meinem Herzen getragen und auf diese Welt gebracht und ... war nicht mehr da. Sie war da. Jeden Tag. Jeden einzelnen Tag. Diese Frau machte meinen Job. 24 Stunden am Tag. Mir machte das alles ganz schön zu schaffen. Wieder war da die Angst, meine Kinder völlig verlieren zu werden. Nicht nur zu können. Zu werden. Das ist einfach ein Gefühl, das sich so schlecht in Worte fassen lässt. Es ist Angst. Pure Angst. Mehr noch, als nachts allein durch einen Wald zu laufen. Im Wald kann ich weg rennen. Oder die Taschenlampe einschalten. Oder nachts einfach gar nicht erst in diesen Wald gehen. In dieser "Mamasache" konnte ich so gar nichts tun. Ich hatte sie nicht unter Kontrolle, konnte sie nicht beeinflussen oder aufhalten. Was konnte ich denn überhaupt tun? Ich hörte gar nicht mehr auf darüber nachzudenken. Wie das immer bei mir ist. Ich denke so lange über ein Thema nach, kaue es wieder und wieder durch wie eine Kuh, bis ich einen Haken dahinter setzen kann. Erst dann ist für mich ein Thema abgeschlossen. Ich kann nicht rumsitzen und darauf warten, dass es sich selbst fügt. Das tut es sowieso. Aber ich kann die Zeit bis zum Sowieso in Ruhe verbringen, wenn der Haken da ist. Aber mit dieser Sache war das etwas anderes. Es ging um mehr als nur um einen beruhigenden Haken. Es ging um das Leben, welches ich führte. Um die Frau die ich war und die ich bin. Und es ging darum, wer ich für meine ChaosKinder war und auch für immer sein wollte. Es ging darum, wer ich mir wünschte in ihren Augen zu sein. Ihre Mama. Lange ging mir die Frage durch den Kopf, was ich tun könne. Die Antwort kam blitzartig und kurz war sie auch: Nichts. Gar nichts konnte ich dagegen tun. Überhaupt nichts. Sicher, ich könnte anfangen meinen ChaosKindern zu verbieten, Mama zu ihr zu sagen. Ja. Aber was brächte das wirklich? Wenn ich angefangen hätte, mit einem Verbot dieses Mamasagen zu verhindern, dann hätte ich ungewollt ihre Aufmerksamkeit genau darauf gelenkt! Sie hätten sich in ihren kleinen Knödelköpfchen gefragt, "warum will Mama nicht, dass wir zu ihr Mama sagen? Und, geht das überhaupt?" Zack, wäre "Mama" in ihren Köpfchen gewesen. Mir wurde klar, dass ich es weder verhindern noch beeinflussen konnte. Ich konnte es einfach nur annehmen. Und ich wusste, es würde passieren. Denn wenn meine Kinder sie als Mama sehen, dann sehen sie sich nicht deswegen so, weil jemand kommt und ihnen das vorschlägt. Nein. Sie sehen sie so, weil sie es fühlen. Sie fühlen sie als Mama. Und gegen solch ein Gefühl kann niemand etwas tun. Gegen Gefühle im Allgemeinen kann man überhaupt nichts tun. Sie sind da, werden gefühlt und müssen gelebt werden. Oder ist jemand von euch (Erwachsenen) schon so groß, Gefühle auf einmal nicht mehr fühlen zu können? Nein? Warum sollten dann Kinder das können? Sind sie doch noch weniger in der Lage, Kontrolle über ihr Gefühlsleben zu haben als wir Großen. Nicht mal die Erwachsenen sind vollends Herr ihrer Sinne...

Und überhaupt, so ein Verbot funktioniert nicht. Es schürt eigentlich beim Kind nur Angst den "echten" Elternteil zu enttäuschen und zudem entwickelt ein Kind dann ein schlechtes Gewissen, natürlich gegenüber dem "echten" Elternteil. Sie fühlen sich unsicher. Alles ganz negative Dinge, die für eine so kleine Kinderseele einfach nicht gesund sind. Und zudem können sie dann die Gefühle zum Bonuselternteil alias Stiefelternteil überhaupt nicht ausleben. Auch nicht seelenheilfördernd. Gefühle sind ja nicht da, um sie zu unterdrücken. Sie wollen und müssen ge-fühl-t werden.
Mal so ein Beispiel für "Schlechtes Gewissen": Mein großes ChaosKind wurde eine Zeit lang - mittlerweile nicht mehr so intensiv - von so einem doofen Gewissen geplagt. Dieses kam ganz von allein - eben weil er uns beide als Mama fühlt. Wenn die ChaosKinder von mir entweder abgeholt oder wieder Heim gebracht wurden, sagte mein großes ChaosKind zur einen Mama "Mama, ich hab dich lieb!", und schaute ganz schnell zur anderen Mama im Sinne von "Ohje...ist Mama jetzt traurig? Glaubt sie, ich hätte sie nicht lieb?" um ihr dann auch ganz schnell "Mama dich habe ich auch lieb!" zu sagen. Fühle man sich da einfach mal hinein.. Man kann darauf eigentlich in einer stillen Minute nur so viel sagen wie, "Es ist gut und richtig, dass du uns beide lieb hast. Mach dir keine Sorgen." Und dann ordentlich Knuddeln! Jedenfalls tat ich das so.

Nun weiter im Text.

Ich stellte mich also die kommenden Monate darauf ein, dass meine ChaosKinder zu der neuen Frau in ihrem Leben "Mama" sagen werden, um dann damit auch umgehen zu können. So hoffte ich jedenfalls.

Und der Tag kam. Natürlich. Ich habe daran schon gar nicht mehr gedacht. Es war wieder ein Tag der Übergabe. Die Beiden steigen aus und .... "Mamaaa!"... Ich wusste, ich war nicht gemeint. Tja was soll ich sagen. War ich erschrocken? Ja. Tat es weh? Ohne Frage, ja. War es in der Situation, in dem Moment schlimm? Nein - ich war ja darauf eingestellt. Habe ich etwas gesagt? Nein. Hat überhaupt irgendwer etwas gesagt? Nein. Die Situation war komisch. Als würden sich alle mit kurzen Blicken immer wieder ansehen. Auf eine Reaktion warten. Die kam aber nicht. Es war eine normale Übergabe. Allerdings diesmal von Mama an Mama. Und das ist sie meist seit dem.

Bis vor einigen Tagen wusste ich überhaupt nicht, wie das alles von statten ging. Wie hat sich dieses Mamasagen entwickelt? Wer sagte es von meinen beiden ChoasKindern zuerst? Das in Erfahrung zu bringen war relativ einfach. Ich fragte die andere Mama einfach. Mittlerweile geht das. So locker zwischen drin mal eine Frage stellen oder mal ein Foto schicken oder eines von ihr geschickt bekommen, wie der Große gerade Hausaufgaben macht oder der Kleine in der Wanne sitzt. Daran war vor gar nicht allzu langer Zeit überhaupt nicht zu denken. Telefonieren, obwohl das eigentliche Thema schon besprochen worden ist, möglich und man lacht dann sogar. Ich will nicht behaupten, dass wir heutzutage ein inniges Verhältnis zueinander haben. Aber doch so eines, dass wir miteinander reden können ohne in Streit zu verfallen weil wir uns einfach nur missverstanden haben oder gerade zickig sind. Mittlerweile sind wir uns einig. Wir haben uns akzeptiert und wissen, dass für uns beide nur eines wichtig ist: Das Wohl unserer Kinder. Und dabei denke ich, können wir uns aufeinander auch verlassen und arbeiten auch zusammen. Jedenfalls war ihre Antwort auf meine Frage, wie sich denn das Mamasagen entwickelte wie folgt: Begonnen habe damit mein kleines ChaosKind - wie war es anders zu erwarten. Er nannte sie einfach so. "Mama". Beide hätten versucht es zu unterbinden - aber zwecklos. Auch nicht verwunderlich. Also blieb es so. Mein Großer zog dann irgendwann mit. Auch nachvollziehbar.

Betrachte ich unsere Mama-Mama-Beziehung aus der Vogelperspektive, kann ich sagen, dass wir anfangs zu 100 % "Mama vs. Mama" waren. Mal mehr, mal weniger. Aber wenn "mehr", dann richtig. Heute denke ich, sind wir schon eher "Team Mama". Zum Augenrollen meiner ChaosKinder.

In gar nicht mal so entfernter Vergangenheit kam mir ein Gedanke.. Womöglich, dass sie anfangs ihre Probleme mit mir hatte, weil sie nicht so recht wusste, wie eine Mama in der Lage sein kann ihre Kinder "im Stich" zu lassen. Ich war in ihren Augen vielleicht eine Rabenmutter und dieses Mamasein passt ja nun mal nicht in Jedermann Welt. Sie hat die ganzen fünf Jahre nicht gefragt.

Bis vor knapp 4 Wochen...

Ich bin eine ganze Weile schon sehr dankbar, dass die andere Mama nicht lange auf sich warten lassen hat. Sie gab den Kindern somit etwas zurück. Eine Mama nämlich, die nicht nur am Wochenende be-greifbar ist. Auch wenn ich hoffe, sie haben dieses Erleben ohne irreparablen Seelenschaden überstanden, so weiß ich doch, dass es für meine beiden ChaosKinder nicht leicht war. Ich habe nie gefragt, wie es wirklich war. Abends und morgens. Nachts. Tagsüber. Ich glaube, ich bin auch noch nicht bereit, das zu wissen. 

Das schwarze Loch lauert. Immer.

Mittwoch, 4. März 2015

Facebook hat mich..

"Was war heute los?"
Eine ganze Menge. Ich habe es endlich übers Herz gebracht, meine Facebookpräsenz fertig zu stellen. Das ging gar nicht so einfach, zumal unser Löwenbaby heute keinen guten Tag hatte. Aber er schläft nun seelig, (tagsüber war daran kaum zu denken) und so fand ich die nötige Zeit.
Zu meinem Titelbild-Foto kann ich erwähnen, dass ich es tatsächlich um die Jahresmitte 2010 fand. Direkt nach der Übergabe meiner ChaosKinder auf dem Weg zur Autotür. Sollte mir Glück bringen und steht seit dem gerahmt im Regal.

Nun denn... 






Sonntag, 1. März 2015

Langer Weg

Im Artikel über das Schwarze Loch versuchte ich zu beschreiben, wie es mir kurz nach meiner Entscheidung ging und dass meine Kinder mich dazu bewogen, aufzustehen. Los zu gehen, um ihnen geben zu können was ich geben konnte.

Vertrauen

Aus meiner Situation heraus von Vertrauen gegenüber meinen ChaosKindern zu reden, erscheint mir fast lächerlich. Kopfschüttelnd. Habe ich ihnen mit meiner Entscheidung doch jenes Vertrauen genommen, dass Mama immer da ist. Vor Ort. Greifbar. Be-greifbar. Könnte ich in ihre kleinen süßen Köpfchen schauen, wüsste ich was damals in ihnen vorging. Oder auch heute. Was es zerstörte in ihren kleinen Seelchen und was sie dadurch nun ihr Leben lang begleiten wird. Aber ich versuchte ja durch diesen Weg, schlimmeres zu verhindern und nicht, ihnen etwas Schlimmes anzutun. Sie können sich heute überhaupt nicht mehr an diese Zeit erinnern, geschweige denn daran, dass wir mal zusammen wohnten. Sie wissen es nicht mehr. Das was sie wissen ist, dass sie bei mir im Bauch waren. Ich versuche mir einzureden, dass sie damals durch ihren Alltag abgelenkt waren. Da war der Kindergarten und all die neuen Freunde, die sie gewonnen hatten. Der Wald direkt vor der Tür. Liebe Nachbarn und natürlich ihr Papa, der alles dafür tat, damit seine Jungs glücklich waren und sind.

Aber wie konnte ich es schaffen, dass die Zwei mir noch vertrauten? Neu vertrauten. Was konnte ich tun?

Ich fuhr jedes Wochenende zu ihnen. Jedes. Anfangs gestaltete sich das sehr aufwendig. Erst mit dem Bus oder zu Fuß zum Zug, mit dem Zug dann zur - von dem Zug - letztbefahrenen Ortschaft und dann mit dem Bus weiter in den Ort, in dem meine beiden ChaosKinder lebten. So geht es auch, wenn man keinen Führerschein hat. Und dadurch, dass ich in den Anfängen wochenends noch dort schlief, ließ sich der zeitliche Aufwand gern übersehen.
Auf diese Weise versuchte ich meinen Kindern also zu zeigen, dass ich dennoch da bin. Dass sie sich darauf verlassen können, dass wir uns jedes Wochenende sehen würden. Natürlich gab es leider auch Wochenenden, an denen wir uns nicht sehen konnten. Zum Beispiel als dann im Jahr 2010 auf einmal so viel Schnee lag, dass die ganze Stadt eingeschneit war. Es war kein Herein- oder Herauskommen möglich. Mit den Öffentlichen schon gar nicht. Da brach diese kleine errungene Welt auf einmal wieder komplett für mich zusammen. Ich kämpfte mit Schuldgefühlen, die eigentlich völlig irrational waren. Ich war ja nicht Frau Holle. Aber dennoch war mir, als hätte ich meine Kinder überaus enttäuscht. "Wiedermal". Dieses bisschen Vertrauen darin wochenends Mama zu sehen, kaputt gemacht. Da war es dann wieder, das Schwarze Loch. Das hielt sich wieder einige Tage, aber das nächste Wochenende kam zum Glück. Bei dem einen Mal blieb es natürlich nicht. Jeder, der Wochenendmama oder -papa ist, weiß das. Und auch heutzutage ist es so, dass mich das schlechte Gewissen überrennt, kann ich einmal nicht da sein oder habe ich das Gefühl, ich würde die Zwei auf eine andere Art und Weise enttäuschen. Es ist sowieso schwierig, nicht ständig in ein schlechtes Gewissen zu verfallen, wenn man so ein MamaKindVerhältnis lebt. Dieses Schwarze Loch, das kommt immer wieder mal vorbei. Manchmal ist es dann kleiner oder größer, je nach dem wie schwer die "Enttäuschung" wiegt.

Dass ich meine ChaosKinder jedes Wochenende sah, das lebten wir über drei Jahre. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass dieser Weg auch nicht der optimale war. Aber alle lebten ihn, als gäbe es keine andere Möglichkeit. Aber dies änderte sich auch. Dann.

Anfangs wie gesagt, war ich jedes Wochenende bei meinen Kindern. Was sich aber änderte, als meine ChaosKinder ihre andere Mama kennenlernten - dieses Thema ist allerdings seinen eigenen Artikel wert. Fast zu selben Zeit, war auch ich in einer neuen Partnerschaft und somit war es für alle Beteiligten überhaupt kein Problem, meine Wochenendschlafgewohnheit zu ändern.
Allerdings auch nicht von jetzt auf gleich. Das sollte für die Kinder fließend von statten gehen (sollte es das oder ging das automatisch..?) und ich hatte nicht den Eindruck, dass sie unter dieser Veränderung gelitten haben.

Wir wuchsen alle neu dadurch. 

Es änderte sich zum Beispiel auch, dass ich die Kinder nun mit dem Auto abholen konnte, da mein damaliger Partner einen Führerschein besaß. Es eröffneten sich da für die Jungs ganz andere Welten. Es ging fast immer in Wälder, auf Wiesen, Tierparks, ans Wasser, Spielplätze, zu den Großeltern oder Urgroßeltern. Etwas anderes war eigentlich auch nicht wirklich machbar. Langeweile gab es nicht, wir waren immer unterwegs. Jedes Mal ein kleines Abenteuer.
Übernachtungen bei mir fanden nicht statt. Noch lebte ich dazumal in einer WG und das war für meine ChaosKinder einfach nicht schön (genug). Ich hatte ja Ansprüche. Ich wollte meinen ChaosKindern ein Zuhause bieten, mit allem was dazu gehört. Mittagsschläfchen wurden mal in der Wohnung meines damaligen Partners abgehalten oder eben im Auto, weil wir unterwegs waren und abends ging es dann wieder nach Hause zum Papa. So wurden die Wochenenden zwischen mir und dem Papa aufgeteilt. Samstags war Mamatag und sonntags Papatag. Das lebte sich auch ganz gut. Aber reichte mir nicht. Ich war schließlich eine Wochenendmama und keine Samstagsmama. Und so war ich stetig auf dem Weg zu einer eigenen Wohnung. Nachdem sich die finanziellen Schwierigkeiten glätteten und ich (wieder und besser als gar nicht) in einem Callcenter landete, ging es an die Wohnungssuche (oder war da erst die Wohnung und dann das Callcenter oder beides gleichzeitig..?) und die ist hier nicht wirklich schwer, stellt man keine allzu luxuriösen Ansprüche wie ein Fenster im Bad oder eine Wohnung im Erdgeschoss. Platz musste für meine ChaosKinder sein, was heißt pro Baby ein Zimmer - was sich aber im Laufe der Zeit änderte - und einen Hinterhof zum rennen. Nach dem Einzug und anschließender Bespielung der Umgebung, stellte sich benannter Hof allerdings als gar nicht mal so bespielbar heraus. Jedenfalls konnte ich in der Wohnung auf lange Sicht eine schöne Umgebung - ein zweites Zuhause - für meine ChoasKinder schaffen. Und das war es auch..

..ein Zuhause.

Das zu erreichen hat gut ein Jahr und zwei Monate gebraucht. Ob diese Zeitspanne nun wirklich ein so langer Weg war, das mag jeder von euch anders beurteilen. Vielleicht gibt es einige unter euch, denen all das schneller gelang als mir oder eventuell längere Zeit benötigte. Hängt diese Zeitspanne doch mit der Basis zusammen. Ich hatte keine. Fing bei Null an. Am Anfang war da "meine" Couch, dann folgten zwei Jobs gleichzeitig, dann verlor ich wieder beide. Anträge auf Sozialleistungen musste ich dann doch stellen - mein Stolz hätte sonst den Weg zu meinen Kinder versperrt. Dann folgte das nächste Callcenter, was wirklich Glück war, so konnte ich wirklich ein wenig aufbringen, um meinen Kindern wenigstens etwas bieten zu können. Für Unterhaltszahlungen reichte es allerdings immer noch nicht. Aber für ihre eigenen Kinderzimmer, jedenfalls so halb/halb. Ich zog mit meinem damaligen Partner zusammen, sonst hätte ich dieses Wohnwelt für meine ChoasKinder wohl gar nicht schaffen können.

Die Wochenendregelungen regelten wir immer unter uns, ohne Jugendamt. Meist waren wir uns ja einig. Beziehungsweise, musste ich lernen meinen Willen nach hinten zu stellen, um zu "bekommen" was ich mir wünschte. Denn ich wollte ja, dass meine Beiden nun auch mal über Nacht bei mir waren. Ich möchte behaupten, dass das anfangs gar nicht so gewünscht war. Irgendwann jedoch waren sie dann doch über Nacht bei mir. Das traurige daran? Ich kann mich an die allererste Übernachtung überhaupt nicht mehr erinnern. Und ich verstehe absolut nicht, warum. War sie so schrecklich, dass ich sie verdränge? Es müsste doch ein Ereignis gewesen sein, welches mir für alle Zeit im Gedächtnis verankert sein sollte. Oder nicht? Das war doch mein Streben. Gerade kommt mir die Frage in den Sinn, warum ich diese Frage niemals mit meiner Therapeutin besprach. Komme ich wider erwarten noch mal in die Notwendigkeit einer Psychotherapie, fällt mir Diese hoffentlich ein.

Jedenfalls sahen die Wochenenden so aus, dass wir nun wechselten. Samstags Mamatag - das Wochenende darauf mit Übernachtung. Wie lange diese Regelung ging, kann ich gar nicht wirklich beschreiben. Oder wann sie sich wie änderte. Ich weiß es einfach nicht. Manchmal war es ja auch so, dass sich alles verschob wegen Geburtstage von Familienangehörigen, Krankheit oder anderen Gründen. Auf beiden Seiten und meist zur Zufriedenheit aller.

Mir fällt es wirklich schwer, zusammen zu bekommen wie sich alles so entwickelte, wie es die Zeit bis 2013 gelebt wurde. Aber wichtig ist am Ende ja doch, dass ich meine ChaosKinder an den Wochenenden immer über Nacht bei mir hatte. Sofern nichts dazwischen kam. Und es war schön. Einfach nur schön. Auch wenn es manchmal wirklich anstrengend war, denn Kinder sind Kinder wie wir wissen. Und Kinder sind immer anders als wir Erwachsenen. Aber ich war Mama. Fühlte mich nicht als Wochenendmama, nicht für diese kurze Zeit. Ich konnte für meine Jungs kochen und rufen wenn das Essen fertig war. Wir konnten zu Hause spielen und rummölen und dann einfach mal alles liegen lassen, anstatt aufzuräumen. Ich konnte Geschichten vorlesen, wie ich es vorher tat wenn ich meine Kinder ins Bett brachte. Zähne putzen. Umziehen. In Decken Einmurmeln. Kuscheln. Das andere Kuscheltier suchen, obwohl ich schon fast draußen war und schon acht andere Kuscheltiere um den Knirpskopf drapiert waren und dann die Decke nochmal neu murmeln. Gefühlte unzählige Male GuteNachtKüsschen geben. Noch "mal schnell" die Füße massieren oder den Rücken kraulen. Die Tür einen Spalt offen lassen und abends nachschauen, ob die Wusel noch zugedeckt sind. Ich konnte wieder unser GuteNachtLied singen. Irgendwann konnten wir es dann zu dritt singen und singen es heute noch so. Manchmal zu dritt nur für uns allein oder auch zu dritt für unser Löwenbaby. Und morgens gab es Frühstück und beschmierte Schnuten. Und die sind heutzutage noch beschmiert.

Manche Dinge ändern sich nie ♥